Hollywood, ich sage nur Hollywood
Man stelle sich vor: eine Gruppe junger Helden unter widrigsten Umständen, nur ihr hehres Ziel vor Augen, geht fast unter, um dann über sich hinauszuwachsen und ein Happy End zu erreichen. Wo sind wir? Hollywood? Falsch! Wir sind in der Astoria-Halle in Walldorf, an einem wolkenverhangenen Samstag im November. Die Helden: das JSG-Team der männlichen D-Jugend. Die widrigen Umstände: Ein eh schon kleiner Kader, weiter dezimiert durch Verletzungen und Krankheit, in letzter Minute aufgestockt auf die Mindestzahl von sieben Spielern durch den todesmutigen E-Jugendspieler Jakob Ballweg. Ein Schiedsrichter, dem schon lange der Ruf vorauseilt, vom Handball so viel zu verstehen, wie ein Steinzeitmensch von der Relativitätstheorie. Ein Gegner, dem die D-Jugend-Vorgabe der offenen Deckung offensichtlich so vertraut ist wie die Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung einem Kleinkind. Und ein von der Heimmannschaft gestellter Zeitnehmer, der die von vielen Hollywood-Filmen bekannte Rolle des unerträglichen Nebendarstellers überzeugend ausfüllte, indem er seine Aufgabe im Kampfgericht mit der eines lautstark und unqualifiziert pöbelnden Hilfstrainers kombinierte.
In dieser Gemengelage machte ein träger Beginn des Spiels seinem Hollywood-Anspruch zunächst keine Ehre: Viele Fehler auf beiden Seiten und wenig Druck nach vorne. Ein 6:6 nach 12 Minuten riss niemanden vom Hocker. Dann fielen unsere Jungs zurück und mussten mit einem Rückstand (7:9) in die Pause.
In der zweiten Halbzeit wurde es sogar schlimmer: Begleitet von einem in Sachen dubiose Fehlentscheidungen zur Höchstform auflaufenden Schiedsrichter fielen unsere gerade gar nicht heldenhaft wirkenden Jungs schnell mit vier Toren in Rückstand. Doch dann, nach ziemlich exakt 30 Minuten Spielzeit ging ein Ruck durch unser Team. Jetzt wurde vorne mehr Druck gemacht. Unser Kreisläufer Leart wurde besser angespielt. Bela, Joshua, Max und Thomas kämpften sich offensiver in die gegnerische Abwehr, obwohl diese ihre Pflicht zur offensiven Deckung völlig aufgegeben hatte. Matthis zeigte im Tor gleich mehrere Paraden. Und unser Jungheld Jakob ließ vergessen, dass er gerade seinen allerersten Auftritt in der D-Jugend absolvierte. Mit Verletzung oder Frustmoment auf die Bank? Oh nein, es musste weitergehen, Ersatzspieler gab’s ja keine. Sich aus der Ruhe bringen lassen durch haarsträubende Schiedsrichterentscheidungen, hanebüchene 2-Minutenstrafen oder Unterbrechungen wegen der Pöbeleien des Zeitnehmers: keine Spur. Die Belohnung: von 11:15 auf 17:16. Schließlich noch das dramatische Finale: Erneute Führung unserer Helden in der letzten Minute, aber dann doch der Ausgleich fünf Sekunden vor dem Ende. Schade, aber eigentlich egal. Was zählte, war das Aufbäumen, der Einsatz, die Aufholjagd. Ich sage nur: Hollywood.
Für die JSG spielten: Jakob Ballweg, Bèla Bauer (1), Matthis Bechtler, Max Förderer (3), Joshua Hütten (3), Thomas Valentin (4), Leart Xhylani (7)
Christoph Hütten (Text) | Monika Bechtler & Silke Wolf-Hütten (Fotos)